Das Gedächtnis der Stadt als Ressource der Zukunft

„Gerade in Zeiten, in denen die Wissenschaft und ihre Methoden systematischen Attacken ausgesetzt sind, bedarf es eines neuen Selbst/Verständnisses und Selbstbewusstseins von Bibliotheken als Wissensinstitutionen.

Es geht nicht mehr nur darum, das kulturelle Erbe Wiens weiterhin verlässlich, kommerziell unabhängig und zunehmend auch digital zu sichern und bereitzustellen. Darüber hinaus gilt es inmitten digitaler Transformationen ein demokratischer, allen zugänglicher Ort des Wissensaustausches zu bleiben, an dem Forschung und Gesellschaft zusammenkommen, um das Gedächtnis der Stadt – wie die Wienbibliothek oft genannt wurde – zu befragen, aber es auch kritisch zu diskutieren und vor allem mitzugestalten.

Traditionslinien um referenzierbares Wissens verbinden die Universalbibliothek von Alexandria mit den riesigen Aufklärungsprojekten der Encyclopédie bis hin zur heutigen Wikipedia. Bibliotheken haben als Instanzen zur Schaffung gesicherten Wissens in der Gesellschaft also jahrhundertelange Erfahrung, die aktuell inmitten von Fake News und digitaler Manipulation neu bedeutsam wird. Viele sehen als ihre Pflicht, den inzwischen nicht mehr ganz so neuen digitalen Wissensraum mit zu gestalten und sich jedenfalls in aufklärerische Netzwerke des Wissens zu involvieren, die Gesellschaft durch Sicherung, Verfügbarmachung und Vermittlung von Wissenschaft wieder demokratischer und inklusiver zu gestalten.“

Anita Eichinger ist Direktorin und Katharina Prager Leiterin des Bereiches Forschung und Partizipation der Wienbibliothek im Rathaus.