Reduktion trifft auf Prunk

Foto: Nele Hazod

Der Wissenschaftsball tritt heuer in neuem Gewand auf. Ein Besuch bei den Gestalterinnen, die das neue Plakat geschaffen haben.

Porträt von Flora Neubert

Das Büro ist hell und aufgeräumt, Bücher über Design stapeln sich – Quellen der Inspiration. Das Plakat an der Wand weist schon darauf hin, worum es heute geht: Wir sind zu Besuch bei den Art Direktorinnen und Grafikdesignerinnen Anna Hazod und Isabella Schlagintweit. Erstere konzentriert sich auf die Illustrationen, letztere auf die Typografie. Seit mehr als zehn Jahren arbeiten die beiden zusammen, seit 2020 gibt es das gleichnamige Designbureau Hazod Schlagintweit.

Mit dem Buch „Salz“ haben sie sich in der österreichischen Designlandschaft einen Namen gemacht – und wurden prompt für die Arbeit mit dem Titel des „schönsten Buchs Österreichs“ ausgezeichnet. Dabei handelt es sich um eine nicht-kommerzielle Publikation, die die beiden als ihr “Herzensprojekt” bezeichnen. Neugestaltungen zählen zu ihrem Fachgebiet. Etwa für Drahtesel, das österreichische Fahrradmagazin. Was aus ihrer Arbeitsweise einfach nicht wegzudenken ist? Sich ständig miteinander auszutauschen. Das Konzept fruchtet: Nicht nur Publikationen, die sich sehen lassen können, entstehen daraus. Sondern auch ein Vertrauensverhältnis, auf das sie zählen können. Ihren Rahmen setzen sie sich selbst: „Das ist auch gut. Innerhalb solcher Grenzen kann man für die nächsten Jahre neue Möglichkeiten ausschöpfen.“, betont Anna Hazod. „Wir versuchen immer positiv und ehrlich zu sein.“ Nachsatz von Isa Schlagintweit: „Vor allem ehrlich.“

Komplexe Themen in eine einfache Formensprache zu übersetzen, ist das Spezialgebiet von Anna Hazod. „Die Chance ist, die Diversität darzustellen und neue Wege zu finden.“ Doch wie kann man Wissenschaft bildlich darstellen? „Gegenständlich zu illustrieren, bietet sich hier nicht wirklich an. Im Abstrakten zu arbeiten, war die Lösung.“

Im Zeichen der Vielfalt

Tanzpaare zierten in den vergangenen Jahren Plakat und Cover des Ballmagazins. Heuer prangt darauf stattdessen ein Kaleidoskop. 1817 patentiert von Sir David Brewster, diente es im 19. Jahrhundert ursprünglich als wissenschaftliches Instrument, um Lichtreflexionen zu untersuchen. Heute ist das Kaleidoskop vorrangig als Kinderspielzeug bekannt, an Faszination hat es trotzdem nicht verloren. Ein Blick durch das Kaleidoskop – und neue Welten tun sich auf: Bunte und abwechslungsreiche Formen kann man so durch Lichtreflexionen ganz einfach selbst erzeugen.

Schlagintweit und Hazod gestalteten nach dem Prinzip less is more. Das zeigt sich auch in der reduzierten Illustration, der es trotzdem nicht an Prunk und Festlichkeit fehlt. Bunte Dreiecke ergeben hier ein farbenfrohes Spiel. Ob Kaleidoskop, Ballkleid oder Zellteilung: Was man in Annas Illustration erkennen kann, dem sind, ganz ihrem Motto kaum Grenzen gesetzt. „Das Kaleidoskop ist ein gutes Ausdrucksmittel für Vielfalt und Reichtum in Wissenschaft und Forschung, für die der Ball steht. Gleichzeitig sieht die Illustration total festlich und funkelnd aus.“, ergänzt Schlagintweit. Das Kaleidoskop als Zeichen der Diversität – apropos: Wie können Illustration und Typografie Barrieren abbauen?

Der Wissenschaft einen neuen Anstrich verpassen

Eine klare Formensprache ist die eine Sache. Doch auch die Schriftwahl kann Barrieren abbauen. Aus Baskerville wurde Edict, entworfen vom Berliner Schriftstudio schick toikka. „Baskerville steht für Wissenschaft, Forschung, Seriosität. Sie wird in Papers verwendet. Ich habe nach einer Schriftart gesucht, die diese Kriterien erfüllt, aber moderner ist.“, erläutert Schlagintweit. Die Serifen der Baskerville bleiben durch Edict erhalten. Doch dem Schriftbild wird ein neuer, moderner Anstrich verpasst. „Die CI, also das Erscheinungsbild, ist recht zurückhaltend und gibt der Illustration, die sich jedes Jahr ändern wird, den Rahmen und lässt ihr viel Raum.“, erklärt Hazod.

Das Designbureau Hazod Schlagintweit arbeitet häufig mit Kultur und Wissenschaft zusammen. Mit der neuen CI haben die Gestalterinnen ein zukunftstaugliches Konzept geschaffen, dass den Ball und seine Gäste in den nächsten Jahren begleiten wird. Nachhaltigkeit – auch das verkörpert das neue Design. Doch ein Ball ist Neuland, wie Hazod verrät: „Wir sind noch keine großen Ballgeherinnen. Aber wir haben uns gedacht: Wenn ein Ball, dann der Wissenschaftsball. Wir finden es gut, dass Österreich als Forschungsstandort gestärkt wird.“